Mit der AHV-Reform 21 per 1. Januar 2024 ändert sich auch die Bezugsregelung der Freizügigkeitsgelder. Neu ist der Bezug nur dann über das Referenzalter 65 Jahre möglich1, wenn ein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt wird. Das hat steuerliche Auswirkungen, da die bisherige zeitliche Bezugsstaffelung2 nur noch eingeschränkt möglich ist. Bei einem Austritt aus der Pensionskasse und Überweisung auf ein Freizügigkeitskonto ist dementsprechend mit Bedacht vorzugehen.
Gerade hierzu passend ist das weitgehend unbekannte Splitting der Freizügigkeitsleistung. Ein Transfer der Gelder bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit auf zwei Freizügigkeitseinrichtungen hat/kann gleich mehrere Vorteile haben. Was das genau ist und wie vorgehen, wird hier näher angeschaut.
Was ist die Freizügigkeitsleistung
Die Freizügigkeitsleistung wird durch die Höhe aus Sparbeiträgen, Einkäufen, Kapitalerträge und Zinsen bestimmt.
Wer aus der Pensionskasse ohne Neuanschluss3 austritt, bekommt das Vorsorgevermögen aus der Pensionskasse auf eine Freizügigkeitseinrichtung ausbezahlt. Das kann wahlweise eine Freizügigkeitspolice oder ein Freizügigkeitskonto sein.
Gründe für einen Austritt
Einen Übertragung zu einem Freizügigkeitskonto beziehungsweise Stiftung ist verpflichtend, bei (nicht abschliessend):
- Erwerbsaufgabe (auch befristet)
- Auslandaufenthalt, Wegzug (auch beruflich)
- Stellenwechsel, wenn nicht die gesamte Freizügigkeitsleistung übertragen wird
- Selbständigkeit bei Verzicht auf Auszahlung der Freizügigkeitsgelder
Ohne Mitteilung gegenüber seiner bisherigen Pensionskasse, erfolgt nach sechs Monaten eine Überweisung der Austrittsleistung an die nationale Auffangeinrichtung (Stiftung Auffangeinrichtung BVG).
Wie kann ich die Freizügigkeitsgelder beziehen?
Ordentliche Fälligkeit der Freizügigkeitsleistung: Die Auszahlung der Freizügigkeitsgelder ist frühestens fünf Jahre vor und spätestens beim Erreichen des Referenzalters möglich.
Je nach Erfüllen von bestimmten Voraussetzungen ist auch ein Vorbezug der Gelder möglich, nämlich:
Barauszahlung der Austrittsleistung
Auszug Art. 5, Freizügigkeitsgesetz, FZG:
- Aufnahme selbständige Erwerbstätigkeit im Haupterwerb (innert Jahresfrist, gilt für Schweizer Gesellschaftsformen Einzelunternehmen und Personengesellschaften).
- Verlassen der Schweiz (mit Einschränkungen bei EU/EFTA-Staaten).
Im Rahmen der Wohneigentumsförderung4
Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum in der Schweiz oder im Ausland.
Weitere Auszahlungsgründe sind: Invalidität und Todesfall. Die Auflistung ist nicht abschliessend. Der Bezug von Freizügigkeitsgelder unterliegt generell den gesetzlichen Richtlinien.
Wohin wird die Freizügigkeitsleistung übertragten: Konto und/oder Depot?
Das Freizügigkeitsguthaben ist zweckgebunden in Form eines Kontos oder Police einer Versicherung weiterzuführen.
Gegenüber einer Police bietet das Freizügigkeitskonto eine Variantenvielfalt an Anlagemöglichkeiten:
- Die risikolose Konto-Sparlösung mit Verzinsung
- Die anlagegebundene Sparlösung mit individuellen Strategien (Wertschriften-Sparen)
Wer auf Gebühren achtet und Leistungen vergleicht, kann seine Vorsorge merklich positiv beeinflussen.
Bei der Wahl des Anbieters ist es angebracht, Gebühren und Leistungen zu vergleichen. Folgende Punkte geben Orientierung:
- Gebührenfreiheit Konto für Eröffnung und Saldierung
- Kosten für Spezialfälle wie Bezug FZ-Leistung für Wohneigentum, Wegzug ins Ausland
- Zinsen
- Gebühren und Anlagemöglichkeiten für das Wertschriften-Sparen
- Domizil der Stiftung (für Auswanderungswillige von Interesse5)
Digitale Vorsorge-Apps für Freizügigkeitsleistung und Sparen 3a
In kurzer Zeit haben sich digitale Vorsorge-Apps solide und beständig im Markt festgesetzt. Die Beliebtheit von Viac, frankly und Co. wiedergibt auch das Vertrauen. Aktuell verwaltet Viac ein Vorsorge-Anlagevolumen von 3 Milliarden Franken mit 92’000 Kundinnen und Kunden6. Auch frankly der Zürcher Kantonalbank nennt per Januar 2024 ein Anlagevolumen von 2,5 Milliarden Franken mit 95’000 Kundinnen und Kunden.
Digitale Vorsorge-Apps bieten gegenüber traditionellen Filialbanken flexible Wahlfreiheiten, niedrige Gebühren, einfache und schnelle Eröffnung, 24/7-Verwaltung und individuelle Anlagestrategien.
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BVG-Freizügigkeit splitten
Beim Austritt aus der Pensionskasse ist es möglich, die Freizügigkeitsleistung auf zwei unterschiedliche Freizügigkeitseinrichtungen auszahlen zu lassen.
Das Splittings nach Artikel 12 der Freizügigkeitsverordnung bleibt aus Eigeninteresse der Banken zum Nachteil der Kunden weitgehend unerwähnt.
Vorteile Splitting
Mit einem Splitting profitiert der Versicherungsnehmer gleich mehrfach:
- Steuervorteile: Die Freizügigkeitsleistung zwei Mal gestaffelt ab fünf Jahre vor Erreichen des Referenzalters auszahlen lassen.
- Risikoverteilung: Die FZ-Vorsorgegelder zum Schutz auf zwei Stiftungen (besser Anbieter) verteilen. Vorsorgestiftungen haben keine Einlagensicherung. Die Einlagen in der steuerbegünstigten Stiftung gelten als seperate privilegierte Einlagen und werden (lediglich) der zweiten Konkursklasse zugewiesen.
- Flexibilität: Ob bei Barauszahlung bei Fälligkeit oder ggf. Wiedereintritt in eine Pensionskasse: Je nach Marktumfeld der Anlageteil invesitert belassen (lediglich Konto auszahlen).
- Individualität: Die Vielfalt der Angeboten und Möglichkeiten nutzen, statt alles auf eine Karte setzen.
Zu guter Letzt ein weiteres gewichtiges Argument:
- Bessere Renditechancen dank hoher Aktienquote: Bei einem Wiedereintritt die Freizügigkeitsgelder nur teilweise in die neue Pensionskasse transferieren, den anderen Teil auf der zweiten Freizügigkeitsstiftung belassen. Denn Pensionskassen haben nur einen kleinen Teil ihrer Anlagen in Aktien investieren. Das FZ-Wertschriften-Sparen bietet höhere Aktienquoten zu deutlich geringeren Kosten (Rentenklau, Finanzindustrie verspielt 200 Milliarden Franken Vorsorgegelder).
Das Vorgehen (Zurücklassen zugunsten FZ-Konto bei Wiedereintritt) verfliesst die Bestimmung nach Art. 3 (FZG), wird aber gemäss Experten kaum kontrolliert. Um die «PK-Flucht» zu begrenzen, Fragen Pensionskassen teilweise nach, ob noch weitere Gelder bei einer Freizügigkeitseinrichtung vorhanden sind.
Muss ich die ganze Freizügigkeitsleistung einzahlen? Gemäss Art. 13 des FZG lässt eine Ausnahmebestimmungen dennoch die Möglichkeit zu.
Wie ist beim Splitting vorzugehen?
Direkt beim Austritt ist der Pensionskasse das Splitting-Modell auf zwei unterschiedliche Anbieter schriftlich mittels Auftrag mitzuteilen.
Die Splittung der Gelder ist frei (Verhältnis). Gängig sind:
- Je hälftig zu teilen (50/50)
- Aufteilung in obligatorischen und überobligatorischen Teil. Passend, wenn das Überobligatorium nicht in die neue Pensionskasse eingebracht wird oder eingebracht werden muss (Art. 13, FZG).
Auf digitalmedia.ch gibt es hierzu die passende Textvorlage:
Nachträglich lässt sich das Freizügigkeitsguthaben nicht mehr splitten.
Wie eröffne ich ein Freizügigkeitskonto?
Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder noch keinen neuen Arbeitgeber?
Digitale FZ-Apps bieten eine Online-Eröffnung und der Transfer wird digital vorbereitet.
Bei Filialbanken ist noch überwiegend keine direkte Eröffnung möglich. Die Freizügigkeitsgelder gehen zuerst an die Sammelstiftung der Bank. Die Eröffnung geschieht dann nach Eingang der Gelder. Auf den Websites der Banken sind passenden PDF-Formulare bereitgestellt.
Formular/e (online) ausfüllen/ausdrucken, unterzeichnen und per A-Post Plus der bisherigen Vorsorgeeinrichtung zustellen.
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- Bisher war der Bezugszeitraum bis 70 bzw. 69 Jahren möglich. ↩︎
- Übergangsfrist von fünf Jahren, maximal bis 31. Dezember 2029. ↩︎
- Das Obligatorium der beruflichen Vorsorge gilt grundsätzlich für alle Personen, die als Arbeitnehmende in der AHV beitragspflichtig sind. (Anschlusspflicht an
eine Vorsorgeeinrichtung gemäss BVG | ahv-iv.ch / PDF). ↩︎ - Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge ↩︎
- Kapitalauszahlungen aus FZ-Leistungen werden am Ort der Freizügigkeitsstiftung quellenbesteuert. ↩︎
- Mit Stand 31.12.2023. ↩︎
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